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  • ~ Alte Bergwerke zwischen Pr. Oldendorf und Porta Westfalica ~
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Überliefertes zum Silberbergbau bei Dehme

Letzte Änderung: 19.12.2024

 

Beim ältesten urkundlich belegten Bergbau im östlichen Wiehengebirge soll es sich um einen Silberbergbau bei Dehme gehandelt haben. Eine genauere Betrachtung der Quellenlage wirft jedoch Fragen auf. Einige Vermutungen, u. a. zur Herkunft des (falschen) Namens "Dehemuhl"


 


D

ehme liegt am Südhang des Wiehens zwischen Bad Oeynhausen und Porta Westfalica. Der Ursprung der bis heute gebräuchlichen Überlieferung,

Kaiser Heinrich VI.
(1165 - 1197), anno 1189 noch König

wonach sich bei "Dehemuhl" ein mittelalterlicher Silberbergbau befunden haben soll, lässt sich bis ins Jahr 1783 zurückverfolgen (I). Spätere Arbeiten variieren bereits, widersprechen sich jedoch nicht in der Grundaussage: Demnach fand eine bei "Dehemuhl" entdeckte Silbergrube per königlicher Urkunde im Jahre 1189 Erwähnung. In dieser Urkunde seien auch Besitzansprüche seitens des Königs gestellt worden: Die Erträge der Dehmer Silbergrube sollten zu zwei Dritteln beim Mindener Bischof verbleiben, das dritte Drittel hingegen sei königliches Eigentum. Folgte man dieser Darstellung, so wäre die Dehmer Silbergrube der älteste bekannte Bergbau in der Region, allerdings ist an dieser Überlieferung einiges fragwürdig: Der Ortsname "Dehemuhl" war nie gebräuchlich (II), außerdem wurden in den königlichen Urkunden (zwei an der Zahl) aus dem Jahre 1189 keinerlei genauere Ortsbezeichnungen hinterlegt, einzelne Abbaue wurden schon gar nicht erwähnt, schlussendlich deckt sich die Darstellung in entscheidenden Details nicht mit einer spätmittelalterlichen Handschrift (IV), in welcher der Silberbergbau erwähnt wurde - obwohl diese Handschrift Grundlage für spätere Arbeiten gewesen sein dürfte.

Zurück ins Jahr 1189

Im April des Jahres 1189 trennten sich die Wege Kaiser Barbarossas und seines Sohnes König Heinrich VI. Der Kaiser begab sich auf einen Kreuzzug und verließ im Mai Regensburg. In Stellvertreterschaft wurden von Heinrich VI. im April 1189 zwei den Silberbergbau im Bistum Minden betreffende Urkunden ausgestellt. Die Originalurkunden sind verschollen. Hier im Wortlaut wiedergegebene Inhalte beruhen auf der digitalen Vorabedition "Urkunden Heinrichs VI. für deutsche und italienische Empfänger" der Monumenta Germanieae Historica nach dem Stand vom 15.01.2016, wo auch Angaben zur Herkunft der Abschriften hinterlegt sind. (III).


DIE ERSTE URKUNDE

In der ersten Urkunde richtet sich Heinrich VI. an die Bischöfe von Minden, Paderborn und Osnabrück und erhebt Anspruch auf eine im Bistum Minden aufgefundene Silbergrube, sie gehöre zu den königlichen Regalien und sei Reichsgut. Den weiteren Anordnungen des Überbringers der Urkunde sei Folge zu leisten. Es findet sich keine den Abbauort benennende Ortsbezeichnung:

Henricus dei gratia Romanorum rex et semper augustus fidelibus suis episcopis
Mindensi, Padeburnensi, Osnaburgensi, comitibus quoque et nobilibus et universis
hominibus in eisdem episcopatibus constitutis gratiam suam et omne bonum. Cum
omnis argenti fodina ad iura pertineat imperii et inter regalia nostra sit computata,
nulli venit in dubium, quin ea, que nuper in episcopatu Mindensi dicitur inventa, ad
nostram totaliter spectet distributionem. Unde in ea nulli hominum quicquam iuris
recognoscimus, nisi hoc a nostre liberalitatis munificentia valeat specialiter impetrare.
Mandamus igitur omnibus vobis et singulis sub obtentu gratie nostre precipientes, ut
nullus vestrum se de predicta argenti fodina intromittat nec aliquid iuris sine nostra
licentia sibi in ea usurpet. Quod si quis temerario ausu forte attemptaverit,
indignationem nostram se noverit incursurum. Presentium autem latorem fidelem
nuncium nostrum ad partes illas transmisimus, ut de eadem argenti fodina ordinet et
disponat, prout nobis viderit expedire. Mandamus itaque dilectioni vestre attente
rogantes, ut ei consilio et auxilio fideliter assistatis, grates affectuosas a serenitate nostra
recepturi.

Datum apud Nannensteine XII kal. aprilis.



DIE ZWEITE URKUNDE

In der zweiten Urkunde wurden Aufteilung der Erträge und Strafrahmen bei Zuwiderhandlungen festgelegt. Auch hier ist kein Fund- oder Abbauort hinterlegt:

In nomine sancte et individue trinitatis. Henricus sextus divina favente clementia
Romanorum rex augustus. Innate nobis pietatis clementia nostram regalem inducit et
exhortatur celsitudinem ecclesie promotioni et utilitati intendere et tam eas quam
earum praelatos honorare partemque iuris imperii in eos transfundere. Cum igitur
argenti fodina, quae est in episcopatu Mindensi constituta, ad iura pertineat imperii et
inter regalia nostra sit computata, notum fieri volumus universis imperii fidelibus
presentibus et futuris, quod nos fideli nostro episcopo Mindensi et ecclesie sue necnon
et omnibus successoribus suis in perpetuum concessimus et regali auctoritate
confirmamus duas partes eiusdem argenti fodine cum omni fructu et iure exinde
rationabiliter proveniente, tertiam vero partem totius argenti fodine et totius fructus
sive iuris exinde provenientis, sive ex decima, que in aliis locis recipi solet, sive ex
iurisdictione vel iudicio vel alio quocunque modo proveniat, nobis totaliter et integre
salvam esse volumus et quietam conservari. Ut autem nostre sublimitatis concessio et
confirmatio rata et inconvulsa perpetuo permaneat, presentem inde cartam conscribi
iussimus et maiestatis nostre sigillo communiri statuentes et auctoritate regia firmiter
precipientes, ut nullus archiepiscopus, episcopus, nullus dux, nullus marchio, nullus
comes, nullus nobilis, nulla denique persona humilis vel alta, secularis vel ecclesiastica
huius nostre concessionis et confirmationis paginam audeat violare. Si quis autem hoc
temerario ausu attemptaverit, in ultionem temeritatis sue centum libras auri puri
componat, medietatem camere nostre, reliquam vero predicto episcopo et ecclesie.
Testes huius rei sunt: Henricus de Narnesen, Arnoldus de Horneberc, Humfredus de
Valkenstaine, Henricus de Lut(ra) camerarius, Waltherus comes de Fano,
Godeboldus comes Senogalliensis et alii quam plures.

Datum apud Nannensteine anno domini MoCoLoXXXVIIIIo, indictione VIIIva, XII kal. aprilis.



Ausstellungsort der beiden Urkunden war "Nannensteine" (Burg Nanstein, Westpfalz).

In früher Form wurde hier von Heinrich VI. als quasi-fiskalpolitisches Konstrukt das Prinzip des Bergregals angewandt. Grubenbetreiber hatten demnach nicht das Recht, Bodenschätze zu gewinnen. Wurden vorher schon einige Bergwerke seitens Kaiser Barbarossas belehnt, wurden mit der Rechtsfigur des Bergregals die Eigentums- u. Förderrechte "totaliter" dem Reich zugesprochen. Da das Bistum Minden entgegen anderer, an Bodenschätzen weitaus reicherer "Reviere", kaum oder gar keinen vorher bekannten Bergbau aufzuweisen hatte, wirft die Wahl des Bistums Minden als frühen Adressaten einige Fragen auf, zumal nur sehr wenige Urkunden so weit in den Norden des damaligen Reiches adressiert wurden. Abweichend vom damaligen Urkundenwesen ist auch der Ausstellungsort: Die meisten Urkunden wurden vom durchs Reich reisenden Regenten beim Empfänger ausgestellt. Sollte hier vor dem Hintergrund erodierender Macht im Norden mit der Rechtevergabe lediglich ein machtpolitischer Feldversuch lanciert oder ohne weiteres Zutun ein handelbarer Wert geschaffen werden? Hierfür fehlen die Hinweise - ein diesem Gedanken zuwiderlaufender Aspekt mit mehreren Interpretationsmöglichkeiten ist die Mehrfach-Adressierung der ersten Urkunde an die Bistümer Osnabrück, Paderborn und Minden. Wollte man hieraus z. B. den Ort der "gefundenen Silbermine" (so sie es denn gegeben hat) eingrenzen, schlösse das weite Teile des früheren Bistums Minden als Fundort aus, jedoch fehlen auch hierfür Belege, ebenso für viele weitere Spekulationen, welche man unter Berücksichtigung der damaligen politischen Verhältnisse anstellen könnte.

Um 1450: Tribbes Vermutung

Erst einige hundert Jahre später brachte der Mindener Domherr Heinrich von Sloen, genannt Tribbe, den urkundlichen Silberabbau mit Dehme, damals "Dehem" genannt, in Verbindung (IV) - allerdings nur als vage Vermutung. Im handschriftlichen "Chronicon episcoporum Mindensium" schrieb Tribbe, der Silberbergbau könne sich in Dehme oder Krückeberg befunden haben. Worauf Tribbe seine Überlegungen stützte, ist leider nicht bekannt. Da Tribbe sein Werk auch aus älteren Vorarbeiten weiterer Autoren kompilierte, könnte die Erwähnung Dehmes seinen Ursprung in einer unbekannten Schrift eines weiteren Autors gehabt haben. Tribbes "Krukeberge" wird mit dem heutigem Krückeberg bei Hessisch Oldendorf gleichgesetzt. Zum vermuteten Dehmer Silber heißt es bei Tribbe:

"...argentifodinam, quae iuxta villam Dehem vel Krukeberge esse dicitur..."

Die auffällige Ähnlichkeit des im zeitgenössischen Schrifttum verwendeten falschen Ortsnamens "Dehemuhl" der Tribbeschen Sentenz "Dehem vel" gibt nun Anlass zur Annahme, dass aus "...Dehem vel..." ("...Dehme oder...") als Resultat eines Übertragungsfehlers in späteren Arbeiten ebenjener falsche Ortsname "Dehemuhl" geworden sein könnte. Dafür spricht auch der Umstand, daß der Name "Dehemuhl" ausschließlich im Umfeld montanarchäologisch-historischer Abhandlungen zu finden ist, welche sich auf die Urkunden Heinrichs VI. und den vielen Generationen Tribbescher Abschriften berufen haben dürften. Es scheinen also Kopien über mehrere Generationen hinweg diese falsche Schreibweise im eher entlegenen, fachspezifischen, den Bergbau betreffenden Schrifttum etabliert zu haben. Aus der die Aussagekraft stark einschränkenden Konjunktion "oder" wäre nicht nur ein an "Dehem" angehängter unpassender Suffix geworden, auch die Aussagekraft der vagen Tribbeschen Schrift müsste viel vorsichtiger bewertet werden, sie ist eine bislang unreferenzierte Vermutung, deren Entstehung und Aussagekraft Raum für Fragen lässt.

Dafür, dass es diesen Bergbau trotzdem gegeben haben könnte, sprechen u. a. einige Abbauspuren im Wiehengebirge bei Dehme, deren Herkünfte jedoch wiederum ungeklärt sind. Sollte sich die Grube irgendwo im übrigen Wiehengebirgsraum befunden haben, könnte es sich bei der in den Urkunden erwähnten "gefundenen Silbermine" im Bistum Minden ebenso um eine der Lübbecker Gruben gehandelt haben. Die dortigen Abbaue erstreckten sich mit Unterbrechungen über zum Teil mehrere Generationen hinweg, jedoch ebenfalls ohne nachhaltigen Erfolg.

 

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