Diese geschichtliche Beschreibung der Reineburg erschien 1833, der Arbeit lagen neben Culemanns Veröffentlichungen auch Originalurkunden zugrunde. Vor einer Übernahme von Inhalten empfiehlt sich der Abgleich mit Originalquellen: Die im Original enthaltenen Fussnoten müssen hier erst noch ergänzt werden. |
Die ehemalige Burg Reineberg im Fürstenthum Minden. Auf dem Berge, an dessen Fuße die Stadt
Lübbeke liegt, stand einst die Burg Reineberg.
Sanft von dieser Seite aufsteigend erhebt sich der Berg zu einem
freistehenden Kegel, der südwärts mit steilerem Abfall durch eine Thalfenkung von der ihn an Höhe
überragenden Centralkette, gegen Osten und Westen aber durch kleinere Querthäler von andern Kuppen und
Vorsprüngen des mittleren Gebirgszuges abgesondert ist.
Von dem Burgplatze aus blickt man über die noch jetzt mit
14 adelichen Höfen der ehemaligen Reinebergschen Burgmannschaft versehene Stadt Lübbeke und über einen reich
mit Dörfern und Rittersitzen prangenden Vorgrund hinweg in die unabsehbaren Flächen des Fürstemthums Minden,
der Grafschaften Hoya und Diepholz, in das Osnabrücksche Nordland und das Oldenburgische Amt Vechte hinein. Die in das
Ravensbergische und Osnabrücksche sich hinziehenden grünen Bergreihen, die Stemmweder und Dammer Berge in
bläulicher Ferne. Der bunte Wechsel grüner und gelber Saatenfelder, schwarzer Torfmoore und brauner
Heideflächen, bieten von dem mit tausendjährigen Linden beschatteten Reineberge dem Auge einen Anblick dar, der an
Mannigfaltigkeit der Farben und des Formenwechsels nicht reicher gedacht werden kann. Gegen Süden verdeckt der
höhere Gebirgskamm eine freiere Aussicht; nur gegen Südosten ist ein Durchblick in die weiter zurückliegenden
Höhenzüge der Grafschaft Ravensberg gestattet.
Zu Ende des vorigen Jahrhunderts soll von der ehemaligen Burg noch
einiges Gemäuer über der Erde zu sehen gewesen seyn; jetzt machen ein verschütteter Brunnen, und ein die
Burgfläche in einem Umfange von 200 Schritt umschließender Graben, der zum Theil mit Gesträuch verwachsen,
zum Theil sehr von den in dieser Gegend ihr Unwesen treibenden Schatzgräbern durchwühlt ist, die einzigen
Ueberreste aus, so wie ein dem Graben als Contrescarpe dienender Aufwurf, der dann in das natürliche Glacis der
Bergböschung hin abfällt.
Die früheste Nachricht der Burg verliert sich in den Anfang des 13ten Jahrhunderts,
und ist noch dazu, da sie bis jetzt der urkundlichen Bestätigung ermangelt, um verbürgt. Es sollen nämlich die
Grafen von Tecklenburg, denen auch die Erbauung von Lübbeke, Rhaden, Limberg und andern Schlössern dieser Gegend
zugeschrieben wird, die frühern Besitzer des Reineberges gewesen seyn, bis Bischof Conrad I. von Minden, aus dem
Geschlechte der Edlen von Diepholz, 1213 ihnen dem selben abgenommen und daselbst ein festes Schloß erbaut habe. Ja,
eben diese Chroniken melden, daß nach Anderer Meinung (wir sehen hieraus das Unverbürgte und Sagenhafte der ganzen
Erzählung) die Burg noch älter sey. Bischof Johann von Minden (1243—1252) soll die Burg noch mit 3
Thürmen befestigt haben. Die erste sichere Erwähnung bleibt bis jetzt die des Bischofs Widekind von Minden, der am
29. Febr. 1259 hierselbst eine Urkunde ausgestellt hat.
Was die Chroniken uns ferner berichten, daß die Edlen von
Diepholz sich des Schlosses mit Gewalt bemächtigt haben, das ihnen jedoch durch den Bischof Otto I. (1266— 1275)
wieder abgenommen sey, der hierauf die Burg von Grund aus neu erbaut und zur Bestreitung der Kosten an Conrad von Luttern den
Zehnten zu Gohfeld versetzt habe, scheint sich vollkommen zu bestätigen; denn am 26. Juli 1277 erklärt Bischof
Volquin von Minden, daß sein Vorgänger Otto zur Wiederherstellung des zu seiner Zeit durch Feuersbrunst
zerstörten Schlosses Reineberg gezwungen gewesen sey, das bischöfliche Tafelgut, den Zehnten zu Gohfeld dem nunmehr
verstorbenen Ritter und damaligen Drosten (wahrscheinlich zu Reineberg) Conrad von Luttern für 24 Mark Bremenschen
Silbers zu versetzen, und daß er jetzt den für dieselbe Summe an den Ritter Justatius von Eckersteyn
übergegangenen Zehnten dem Domkapitel überlasse. Am IeztenFebr. desselben Jahres hatten die Kirchen und Städte
Minden und Herford den Grafen Otto von Ravensberg und die Stadt Bielefeld mit in das Bundniß aufgenommen, welches sie
früher mit Osnabrück geschlossen hatten, worin unter andern festgefetzt wurde, daß in die Burg Reineberg nie
ein Edler (Dynast), überhaupt kein anderer als Burgmann aufgenommen werden solle, der nicht entweder Mindenscher,
Osnabrückscher oder Herforder Ministerial sey.
Eine Urkunde von 1281 lehrt uns in der Person eines gewissen Wessel,
einen Vogt vom Reineberge kennen und in einer andern bisher ungedruckten Urkunde von 1286 erklärt sich Bischof Conrad
von Osnabrück nothgedrungen, wegen seines Antheils an dem Schlosse Reineberg mit Bewilligung seines Capitels, seiner
Ministerialen und Burgmannen, einigen Bürgern der Stadt Osnabrück sein Haus zu Blakendorp zu verkaufen. Dieses von
Culemann mit Unrecht geläugnete Verhältniß eines Theiles vom Schlosse Reineberg zum Stifte Osnabrück,
wie solches auch spätere Dokumente hinreichend bestätigen, rührte wahrscheinlich von dem erwähnten
Bündnisse aus dem Zahre 1277 her. Der dem Stifte Minden verbliebene Antheil ward aber ebenfalls versetzt; denn am 30.
März 1289 bekennt Bischof Volquin von Minden, zur Wiedererlangung seiner Schlösser Reinberg und Nienburg (Rynberge
et Novum Castrum), zwei früher zum Wichgrafens Amte gehörige Hufen im Mindener Stadtfelde wiederlöslich dem
Domkapitel veräußert zu haben.' Die Fehden der Stadt Osnabrück mit dem Ritter Richard Vos, gaben Veranlassung
zu einem am 12. Oct. 1295 abgeschlossenen, jenes Verhältniß abermals bestätigenden Vertrage, worin sich der
Dompropst Ludwig von Minden mit den Rittern Rudolf v. Haren u. Ludolf v.Gesmele und dem Knappen Ernst v.Gesmele einerseits,
und die Stadt Osnabrück anderseits, jede Parthei zur Gestellung von 16 geharnischten Reitern auf der Burg Reineberg
verpflichteten, sich gegenseitig gegen den Ritter Richard Vos und dessen Helfer zu schützen, jeden Schaden und Vortheil
gemeinschaftlich zu tragen, und Einer ohne den Andern keinen Vertrag mit demselben einzugehen.
Bald daraus versetzte Bischof
Ludolph von Minden (1295 — 1304) das Amt Reineberg an Johann, Volkmar und Euchard von Alten, für 250 Mark Brem.
Silbers. Bischof Godfried erklärte nun zwar, den 21. Juni 1305 mit Bewilligung des Domkapitels nothgedrungen sein
Schloß Steygerberg für 609 Mark den Rittern Johann v. Lübbeke und Nabodo Scheel und deren Söhnen und
Erben verpfändet zu haben, um damit das Schloß Reineberg wieder einzulösen; es scheint Letzteres jedoch nicht
erfolgt oder wenigstens nicht von Dauer gewesen zu seyn, da wir noch 1325 die von Alten in dem Pfandbesitze des Schlosses
finden.
Die beiden uns von Erdmann zuerst mitgetheilten Verträge, in deren einem Bischof Conrad, der Domdechant
Gottfried und das Domkapitel zu Minden sich verpflichteten, die Osnabrücksche Kirche in den Besitz des ihr entzogenen
Antheils an dem Schlosse Reineberg zu restituiren, im Weigerungsfall ihr die Stadt Lübbeke zu überlassen, und in
deren anderm die Stadt Lübbeke solches bekräftigt — sind offenbar im Datum verfehlt; denn am 13. April 1306
war der hier Domdechant genannte Gottfried bereits Bischof von Minden, der hier Bischof genannte Conrad aber schon am 28. Mai
1295 verstorben. Erdmann hat dies auch selbst gefühlt, und sagt deshalb „Bischof Conrad oder vielmehr Gottfried"
— ich bin jedoch geneigt den Jrrthum ganz allein in dem Datum zu suchen; Culemann geht aber offenbar zu weit, wenn er
nicht allein den beiden Urkunden gar keinen Glauben schenkt, sondern auch behauptet, daß nicht die geringste Spur
gefunden werde, daß das Stift Osnabrück je Ansprüche an das Schloß Reineberg und die Stadt Lübbeke
gemacht habe.
In das Jahr 1306 fällt wohl nur die Wiederbesetzung des Osnabrückschen Antheils vom Reineberge durch
Bischof Ludwig von Osnabrück. Besonders wichtig ist uns zur Hebung aller Zweifel Culemanns ein aus dem Mindenschen
Archive hervorgegangener Brief vom 25. Febr. 1314. Darin erklären der Bischof Engelbert von Osnabrück und sein
Domkapitel, daß Friede und Eintracht zwischen seiner und der Mindenschen Kirche deshalb so oft gestört worden sey,
weil seine Vorgänger den Osnabrückschen Antheil an dem Schlosse so häufig an Edle, Ritter und Andere
verpfändet haben, woraus dann blutige Fehden, Raub, Brand und allerhand Schaden, beiden Stiftern erwachsen seyen. Um
solche Drangsale für die Zukunft abzuwehren, ward deshalb auf ewige Zeiten festgesetzt, daß der jedesmalige
Bischof und das Domkapitel von Osnabrück ohne Wissen und Willen des Bischofs und Domkapitels von Minden seinen Antheil
an dem Schlosse nie irgend Einem verkaufen oder verpfänden dürfe; daß der Bischof von Minden dagegen seines
Stiftes Antheil in Ruhe und Frieden besitzen solle, und daselbst nach Gefallen und zu seines Stiftes Besten ungehindert, von
Holz oder von Stein bauen könne.
Im Jahre 1323 wird Dethart von der Slon von Reynenberge genannt; vermuthlich war er
Burgmann des Schlosses, das noch immer denen von Alten verpfändet war. Die uns schon 30 Jahre früher bekannt
gewordenen Brüder Johann Ritter, und Volkmar und Euerhard (früher Euchard) von Alten, stellen nämlich 1325
einen Revers aus, worin sie erklären, gegen Erlegung des Pfandschillings, den Reineberg unweigerlich dem Stifte Minden
ausliefern zu wollen. Dies muß auch bald geschehen seyn; denn schon 1329 versetzt Bischof Ludwig von Minden die Burg
von Neuem an den Ritter Dieterich Vincke und dessen Sohn Albrecht für 200 Mark Osnabrückschen Silbers, und
verspricht bei dieser Gelegenheit dem Domkapitel, dergleichen Veräußerungen , so wie die Einsetzung von Drosten
und Burgleuten, nur mit dessen Wissen und Willen vorzunehmen.
In einer Urkunde vom 7. April 1343 nennt sich auf einmal der
Knappe Rolf v. der Horst des Grafen Bernhard v. Ravensberg Burgmann auf dem Reineberge.Rolf macht in seinem Reverse
diejenigen namhaft, gegen welche er dem Grafen nicht Beistand leisten könne, nennt hier die Edlen von der Lippe, von dem
Berge u. m. A., nimmt aber den Bischof von Minden nicht aus; hieraus könnte ein feindliches Verhältniß des
Grafen von Ravensberg gegen Letztern geschlossen und vermuthet werden, daß der Graf sich mit Gewalt in den Besitz der
Burg gesetzt habe; wäre es nicht wahrscheinlicher, daß die Besetzung der Burg in Güte und zwar in Folge des
1340 zwischen dem Grafen Bernhard und Bischof Gottfried geschlossenen und des 1342 erneuten Bündnisses gegen den Ritter
Dieterich Vincke, den wir früher als Pfandinhaber des Reineberges kennen gelernt haben, erfolgt sey.
Jn dem Jahre 1344
versetzte Bischof Ludwig von Minden sogar, mit Wissen und Einwilligung seines Domkapitels die Hälfte des Schlosses einem
Mindenschen Domherrn, Eggericus Post, der Archidiakonus zu Osen war. Die andere Hälfte des Schlosses besaß immer
noch der Bischof von Osnabrück. Wir sehen dies unter andern aus einer Urkunde vom 11. April 1360, worin Bischof Ludwig
von Osnabrück bezeugt, das Schloß gehöre sowohl seiner als der Mindenschen Kirche, daß er den Bischof
von Minden in seinem Antheile in keiner Weise stören wolle; sollte jedoch von ihm oder irgend einem seiner Nachfolger
der Mindenschen Kirche Antheil beeinträchtigt und binnen 14 Tagen kein vollständiger Ersatz gegeben werden, so
möchte die Stadt Wiedenbrück jedoch mit Ausschluß der Feste Reckenberg dem Stifte Minden anheim gefallen
seyn; wir finden hier also ziemlich dieselben Verbindlichkeiten, die der Bischof Conrad von Minden früher in
ähnlichem Falle gegen Osnabrück einging.
Im Jahre 1362 treten Rabodo Scheel, als Inhaber des Schlosses Reineberg,
so wie Ritter Statilis von Münchhausen, sein Sohn Heineke, und Claus von Wenge, als Inhaber des Schlosses Rhaden einer
Vereinigung bei, welche Bischof Johann v. Osnabrück mit dem Stifte und der Stadt Minden, so wie mit der Stadt
Lübbeke abschlossen.
Im Jahre 1386 wird Ritter Dieterich von Münchhausen, auf dem Reineberge wohnend, genannt;
allein dennoch sehen wir in demselben Jahre, wie Bischof Otto III. Amt und Schloß an den Knappen Alrad von d. Busche,
Schweders Sohn, für 725 löthige Mark Westphälischen Silbers mit dem Vorbehalt versetzt, nach vorhergegangener
jähriger Kündigung gegen Erlegung des Schillings das Pfand wieder einlösen zu können; zu welchem Ende
Alrad zwölf ritterbürtige Bürgen, nach Einlegers Recht, zu stellen verpflichtet wurdet.
Nach Alrads Tode
übernahm sein Freund, wie er sich nennt, Herzog Adolf Graf von Ravensberg, den Schutz seiner hinterlassenen Frau und
Kinder, und für dieselben das Amt Reineberg auf deren Rechnung als Pfand und stellte über die Rücklieferung
die erforderliche Bürgschaft.
Im Jahre 1412 finden wir wieder den Ritter Dieterich v. Münchhausen als Pfandinhaber
des Schlosses und im Streite mit seinem Landesherrn, weil er ohne Bischof Wulbrands und des Domkapitels zu Minden Willen den
Reineberg für 700 Goldgulden wieder an den Grafen Nicolaus von Tecklenburg verpfändet hatte. Der Bischof
protestirte hiergegen und war sogar genöthigt, die Burg zu belagern. Graf Nicolaus rückte zum Entsatz heran, ward
aber von dem Drosten zu Limberg, Alhard v. d. Busche, angegriffen und mit Hülfe der Lübbeker in die Flucht
geschlagen. Für die, welche dabei in Gefangenschaft geriethen, wurden allein 2200 Gulden an Lösegeld gezahlt, und
das Schloß ergab sich dem Bischof.
Zwei der Stadt Minden ertheilte Urkunden Bischof Wulbrands, so wie eine andere der
Stadt Lübbeke, im Jahre 1412 ausgestellt,,sprechen es bestimmt aus, daß mit beider Städte Hülfe der
Reineberg dem Grafen v. Tecklenburg abgenommen sey, und setzen fest, daß in Zukunft das Schloß ohne ihr Wissen
und Willen nicht verfetzt, und alsbald wieder ausgeantwortet werden solle, wenn der Inhaber desselben sich Bedrückungen
gegen eine der Städte erlauben würde.
Im Jahre 1418 erneuerte Bischof Wulbrand diesen Vertrag mit der Stadt Minden
dergestalt, daß jeder Amtmann, den er mit Einwilligung der Stadt auf dem Reineberge anstellen werde, sich eidlich
verpflichten solle, Minden und der Stadt Feldmarken und Güter zu bschützen und zu beschirmen. Das Domkapitel gab
hierzu am 5. Juni seine Bestätigung.
Pfandinhaber des Schlosses war um diese Zeit der Coadjutor des Stiftes Graf Albert
von der Hoya. Sein Vater Erich erklärte in einem dem Stifte Minden ausgestellten Reverse, daß er aus die 7000
Gulden, für welche seinem Sohne Albert die Schlösser Reineberg und Rhaden versetzt worden, verzichten wolle, wenn
man denselben nach Wulbrands Tode- zum Bischof erwählen würde. Da diese Wahl in der That 1436 erfolgte, so scheint
wirklich jene Schuldforderung damit erloschen zu seyn.
Während Graf Albert in dem Besitz des Schlosses war, wurde von
demselben aus, dem Stifte Osnabrück öfter Schaden zugefügt; namentlich fiel derselbe, unterstützt von den
Herzögen von Braunschweig 1124 verheerend in das Osnabrücksche ein, worauf der Bischof Johann sich wieder dadurch
rächte, daß er mitten im Winter Rhaden und die Umgegend mit Feuer und Schwert heimsuchte, in die Nähe des
Reineberges vordrang, woselbst die Brüder Albert und Johann, Grafen von Hoya, und der Drost Dieterich v.
Münchhausen gerade anwesend waren, und nachdem mehrere Dörfer und Landhäuser zerstört worden, sich
zurückzog.
Im Jahre 1436, kurz vor dem Tode Bischof Wulbrands von Minden, versetzte der Coadjutor Albert das ihm
verpfändete Schloß für 1800 Rheinische Gulden an Heinrich Wend, Sweder v. d. Busche und die Gebrüder
Johann und Wilke v. Klencke. Als Bischof versetzte Albert 1449 das Schloß für die beträchtliche Summe von
3500 Rheinischen Gulden mehreren Edelleuten, nämlich Heinrich Ledebur dem Vater für 1200 fl., dessen Sohn Heinrich
für 700 ff., dem Wilhelm v. d. Wolde für 1000 fl. und Alvrecht v. d. Busche für 600 fl. Dieser Versatz geschah
aus 8 Jahre, mit deren Ablauf erst die Einlösung nach vorhergegangener Kündigung erfolgen sollte. Die Pfandinhaber
versprachen in ihren Reversen, das Schloß dem jedesmaligen Bischof als Landesherrn zu allem Behuf und zu jeder Zeit ein
offenes Haus seyn zu lassen; wogegen dieser für den Ersatz jedes ihnen daraus erwachsenden Schadens einzustehen sich
verpflichtete. Den Pfandinhabern ward ferner wegen ihres Geldes zureichende Sicherheit gegeben, während sie sich
wiederum verpflichteten, des Stiftes Minden Geleite allezeit zu beobachten, die Straßen stets in Sicherheit zu halten,
von dem Schlosse aus Niemand zu beschädigen, insbesondere aber dem Domkapitel und den Bürgern der Städte
Minden und Lübbeke in ihren Feldmarken keinen Schaden zuzufügen, dem Stifte überhaupt in allen Vorfällen
von dem Reineberge aus zu Diensten zu seyn, und bei jedem etwa entstehenden Streite die Sache erst an den Bischof und das
Capitel gelangen zu lassen, dort Recht zu suchen, und es sich nur im Verweigerungsfalle selbst zu fordern und zu nehmen. Wenn
das Schloß belagert werden sollte, wolle der Bischof es entsetzen helfen, und fiele solches dennoch wider Verhoffen in
des Feindes Hand, möchten die Pfandinhaber alle Kräfte aufbieten, es wieder an das Stift zu bringen. Zu
größrer Sicherheit stellte endlich jeder der Pfandinhaber eine Anzahl Bürgen und zwar die von Ledebur den
Hermann Korff, gen. Schmising, Engelbert v. Plenenberg, Johann Nagel und Lüdeke Capellen; für Wilhelm v. d. Wolde
verbürgten sich Bernd v. Varendorp, Wilhelm Top und Otto Wend; für Albert v. d. Busch endlich: Requin von
Kerssenbrock, Johann Vincke, Herbert Bere und Otto v. Hoberch; indem diese sich anheischig machten bei den geringsten
Beschwerden, auf die erste an sie ergangene Aufforderung binnen 14 Nächten zu Herford oder zu Minden einzureiten und ein
rechtes Einlager so lange zu halten, bis alle Gebrechen gehoben seyn würden.
Die Nachrichten fließen von nun an,
ein ganzes Jahrhundert hindurch, äußerst spärlich. Im J. 1471 nennt Claus v. Münchhausen seinen Sohn
Berthold „vom Raynenberge," und 1525 lernen wir Johann Tribbe als Drosten zum Reineberge kennen,welches Amt im Jahre
1535 sogar ein Geistlicher, der Mindensche Domherr Heinrich Bere, bekleidet. In der Mitte des l6ten Jahrhunderts wurden
manche Grenzirrungen regulirt. Am 15. Juni 1542 kam desfalls ein Vertrag zwischen dem Ravensbergischen Amte Limberg und dem
Mindenschen Amte Reineberg zu Stande. 1559 wurden die zwischen Hilmar v. Quernheim und dem Drosten von Hausberge, wegen des
Amtes statt findenden Streitigkeiten beigelegt; wegen der Hedemer Mark ward 1565 zwischen den Häusern Reineberg und
Hollwinkel ein Grenzvergleich geschlossen; im Jahre 1583 endlich fand eine Ausgleichung mit der Stadt Lübbeke statt.
Im
Jahre 1543 versetzte Bischof Franz mit Rath, Wissen und Willen des Domkapitels das Haus Reineberg nebst Zubehör für
10,795 Rheinische Gulden an die verwittwete Clara, Edle von Büren, geborne von Hatzfeld und deren Söhne Meinolf und
Joachim, mit dem Vorbehalt der Einlösung auf jährliche Kündigung und mit der Verpflichtung, alle angewandten
Bau- und Reparaturkosten, nebst dem Feldinventarium zu vergütigen. Es sollte Kündigung und Lösung stets in der
Osterwoche geschehen, ohne Wissen des Bischofs keine Veränderung an Gebäuden vorgenommen, diese aber in gutem
Stande erhalten werden. Bei der Einlösung sollte für jeden mit Roggen besäeten Morgen Landes ein halber
Rheinischer Gulden, und alle Verbesserungen sollten nach Landes Gebrauch bezahlt werden. Hiernächst sollte die
Einräumung des Schlosses unweigerlich erfolgen und die Mobilien auf landesherrliche Unkosten 4 Meilen Weges, wohin es
auch sey, gefahren werden. Endlich wurden die üblichen Bürgen zum Einlager gestellt.
Ueber diese Verpfandung
entspannen sich späterhin die langwierigsten Streitigkeiten, die selbst nicht ohne Blutvergießen beigelegt wurden,
und hier etwas ausführlicher berührt werden müssen.
Die Edlen v. Büren gehörten einem
Dynastengeschlechte an, welches im Paderbornschen entsprossen, aber auch im Münsterlande ansehnlich begütert war
und im 17ten Jahrh. erlosch. Meinolf, dessen Bruder Joachim eine Domherrnstelle in Minden bekleidete, war, gedrängt von
Hilmar v. Quernheim, in die Nothwendigkeit verfetzt worden, diesem das Haus Reineberg gegen Vergütigung des
Pfandschillings zu cediren.
Die Uebergabe erfolgte auch in aller Form im Namen des Bischofs durch den Mindenschen Landdrosten
Caspar v. Quernheim und den Sekretair Wilhelm von Flaten, so wie Seitens des Domkapitels durch den Domherrn Curd v. Aschwede.
Kaum war jedoch Bischof Georg (1554) zur Regierung gelangt, als er sich's angelegen seyn ließ, alle verpfändeten
Schlösser seines Stiftes wieder einzulösen; weshalb er denn auch 1557 dem Hilmar v. Quernheim das Pfand
kündete. Dieser wünschte jedoch den Reineberg zu behalten; er ließ zu dem Ende dem Bischof 1000 Rthlr.
einhändigen, die dieser auch, Anfangs zwar sich weigernd, annahm, ohne eigentlich zu wissen, von wem die Summe komme.
Einige Tage später begab sich Hilmar selber zum Bischof, erzählte, von ihm sey jenes Geld, und bat, ihm die
Versicherung zu ertheilen, daß Schloß und Amt ihm lebenslänglich verbleiben, wenigstens unter des Bischofs
Regierung nicht wieder gelöst werden solle. Es erfolgte auch wirklich die Verlängerung des Pfandbesitzes auf
mehrere Jahre, bis der Bischof endlich im Jahre 1564 am Montage in der Osterwoche durch Abgeordnete nach dem Reineberge die
Loße thun, d. h. das Pfand aufkündigen ließ. Da Letztere Hilmarn nicht zu Hause fanden, so benachrichtigten
sie dessen Amtmann Burchard Schomberg von dem Zweck ihrer Sendung, und begehrten, daß Hilmar binnen Monatsfrist die
Copie feines Pfandbriefes nebst Berechnung des zu entrichtenden Ersatzes einreichen möchte. Da jedoch keine Antwort
erfolgte, so betrachtete der Bischof Georg dies Schweigen als eine Einwilligung; er ließ sich die Abschrift der
Pfandverschreibung aus dem dom kapitularischen Copiario geben und Schuldbetrag berechnen, damit es an dem Verfalltage an
Gelde nicht fehlen möge; zu dem Ende schoß das Domkapitel ihm I000 Rthlr. vor. Inzwischen ließ es Hilmar von
Querm heim an Gegenvorstellungen nicht fehlen; er erklärte, nicht vom Bischof, sondern von den Edlen von Büren das
Pfand erhalten zu haben, von diesen müßte also die Einlösung erfolgen; übrigens habe der Bischof und das
Capitel ihm das Versprechen gegeben, lebenslänglich das Pfand inne behalten zu dürfen.
Zur Beseitigung aller dieser
Einwürfe schrieb der Bischof zum 4ten April 1565 einen Landtag am Bramdenbaum bei Minden aus, und berief dazu das
Domkapitel und alle Stände. Es erschienen der Bischof selbst, dessen Kanzler und Räthe, das Domkapitel, die Landsen
und die Abgeordneten der Städte — auch Hilmar in Person. Hier wurden ihm seine Weigerungen als leere
Ausflüchte, seine Behauptungen in Betreff der ihm zugesagten lebenslänglichen Pfandschaft als Unwahrheiten
bezeichnet; da er aber bei seiner Behauptung verharrte, so mußten auf einem zweiten Landtage am Bramdenbaum den 18.
April der Domdechant Dieterich von Dincklage, Curd v. Aschwede und Dieterich Ledebur, auf die er sich berufen hatte,
vernommen werden. Diese erklärten aber gleichfalls jene Behauptung als unwahr. Dennoch weigerte sich Hilmar, die
über das Haus Reineberg im Besitz habenden Briefe auszuhändigen und den Pfandschilling anzunehmen. Er wandte sich
an mehrere benachbarte Fürsten und Grafen, um deren Beistand bittend, beschwerte sich laut, daß der Bischof und
das Capitel die alten Verträge nicht achte, mußte aber wegen dieses letzten Punktes am Charfteitage den 20. April
in Gegenwart mehrerer Zeugen auf dem Capitelhause sein Unrecht eingestehen. Als nun der Verfalltag, nämlich der
Ostermontag (d. 25. Apr.) herangekommen war, ließ Bischof Georg den Pfandschilling mittelst offenen Briefes durch
Notarius und Zeugen anbieten und bekannt machen: die Summe könne gegen Auslieferung der Pfand- und
Schloßverschreibung am Apr. in Osnabrück, oder wo sonst Hilmar wolle, in Empfang genommen werden; erkläre
dieser sich aber und erscheine er nicht, so solle das Geld an einem sichern Orte deponirt werden. Hilmar gab hierauf in
Gegenwart des Edlen Meinolf von Büren den Abgeordneten die Antwort: den Befehl des Bischofs habe er in
Unterthäniqkeit angehört und den Brief mit gebührender Ehrfurcht empfangen, er wisse sich aber nicht zu
entsinnen, Zeit seines Lebens irgend ein Haus vom Bischofe in Pfandschaft bekommen zu haben, noch zu besitzen; denn das Amt
und Haus Reineberg habe er laut Contrakt von den Edlen v. Büren; diese, nicht er, seyen die rechten Pfandherren des
Stiftes — die Loskündigung könne also nicht ihn treffen; die Hauptverschreibung sage ausdrücklich,
daß die Kündigung denen von Büren oder deren Erben in ihrer Behausung und Gegenwart geschehen solle; dies sey
aber nicht erfolgt; die Pfandverschreibung könne er nicht herausgeben, denn diese befände sich in den Händen
der Edlen v. Büren. Uebrigens habe sich ja der Bischof der Loße gegen ihn begeben, auch 1000 Rthlr. von ihm
erhalten, was denselben wohl an das, was ihm damals versprochen worden, erinnern würde. Er hoffe somit, es werde nicht
Gewalt wider sein gutes Recht gebraucht werden; dafern dies jedoch geschehen sollte, müßte er sich rechtliche
Gegenwehr ausdrücklich vorbehalten; er schlage die Herzöge Erich und Ernst v. Braunschweig und den Herzog Wilhelm
v. Jülich als Vermittler vor, — sollte aber dieses Erbieten nicht angenommen werden, müsse er freilich
geschehen lassen, was da komme, — den Pfandschilling könne und werde er nicht annehmen, noch das Haus Reineberg
abtreten, und sollte das Geld deponirt werden, sage er sich los von aller Verantwortung der nachtheiligen Folgen, die daraus
für die Edlen v. Büren entstehen könnten.
Nach einer so bestimmten Erklärung begaben sich die Mindenschen
Abgeordneten nach Osnabrück, und nachdem sie, wie sich's erwarten ließ, vergeblich an diesem zur Abtragung des
Pfandschillings bestimmten Orte auf Hilmar gewartet hatten, deponirten sie daselbst das Geld beim Domkapitel.
Hierauf
schickte Bischof Georg abermals Abgeordnete an Hilmar, ließ ihn von der geschehenen Niederlegung des Geldes
benachrichtigen, das Haus Reineberg als nunmehr gelöstes Pfand fordern, mit dem Bedeuten, der v. Quernheim möge
zwischen dem 28sten und 30sten April mit seinem Hausgesinde das Schloß räumen, wozu er ihm alle mögliche
hülfreiche Hand leisten, Wagen und Pferde leihen wolle; im Weigerungsfalle werde mit Protestation, gegen den
kaiserlichen Landfrieden und des heiligen Reiches Ordnung gehandelt zu haben, Ernst gebraucht werden.
Die Abgeordneten fanden
nur die Frau v. Quernheim, und auch bei einer zweiten Sendung weder den Hilmar noch den Edlen Meinolf von Büren auf dem
Schlosse. Da nun der Bischof in Erfahrung brachte, daß Hilmar zu gewaltsamer Gegenwehr entschlossen war, und die Burg
mit Volk, Hacken, Pulver und Blei versah, so ließ er am Sonntage Quasimodogeniti (d. 29sten April) in allen
Kirchspielen von den Kanzeln befehlen, daß alle Eingesessene des folgenden Montags früh 8 Uhr vor Lübbeke an
dem Weingarten erscheinen und weitern bischöflichen Befehls gewartig seyn sollten. Nachdem sich diese auch d. 30. April
eingefunden, ward ihnen von dem bischöflichen Notarius die Weigerung des Pfandinhabers vom Reineberge bekannt gemacht,
und sie wurden aller Pflicht womit sie dem v. Quernheim verwandt und zugethan gewesen, gänzlich entlassen, und als
gehorsame Unterthanen ermahnt, sich in Zukunft an den Bischof, als ihren Landesherrn, zu halten und ihm in vorfallem den
Nöthen beizustehen; wogegen der Bischof sie wieder, um in allen ihren Anliegen vertreten zu wollen versprach. Die
Unterthanen gelobten hierauf mit aufgerichteten Fingern dem Bischof Gehorsam und für ihn Leib und Leben, Gut und Blut zu
wagen.
Am folgenden Tage ward die Frau v. Quernheim nochmals zu gutwilligem Abzuge ausgefordert, welches sie jedoch
verweigerte, noch mehr Munition und Proviant auf das Schloß schaffend. Der Bischof ließ deshalb am 1. Mai mit
etwa 150 Mann Fußvolk den Berg umzingeln, um zu verhindern, daß Hilmar nicht noch mehr Mannschaft, Geschütz
und Lebensmittel auf den Reineberg bringen könne; noch einmal ließ er dann in Güte zur Uebergabe auffordern
— der Bote wurde jedoch nicht eingelassen, sein Brief an einem Stricke hinaufgezogen, er selbst aber von der Burg aus
verhöhnt. Es wurde sogar auf die am Berge stehenden Wachtposten geschossen, wobei der Vogt von Gohfeld und einige Andere
ums Leben kamen. So gab man endlich am 2. Mai das Zeichen zu einem allgemeinen Angriffe, — das Schloß ward mit
Sturm erobert, alle darauf befindliche Leute wurden gefangen genommen, jedoch nebst der Frau von Quernheim sämmtlich,
mit Ausnahme von 4 Personen, welche Tages zuvor auf die Wachtposten geschossen hatten, in Freiheit gesetzt.
Der Edle v.
Büren und Hilmar wandten sich jetzt zwar an die ihnen wohlwollenden Herzöge von Braunschweig und Jülich, die
auch allerlei Vorschläge wegen Restitution des Hauses Reineberg thaten; allein erst 1567 kam durch Vermittelung des
Grafen Otto v. Schaumburg und des Obersten Georg v. Holle ein Vergleich zu Stande, in Folge dessen Hilmar, wiewohl unter
veränderten Bedingungen, der Reineberg abermals auf 12 Jahre pfandweise überlassen wurde.Derselbe wird nunmehr 1572
Drost zu Reineberg genannt.
Nach Ablauf jener Zeit kündigte Bischof Hermann, der den Reineberg nicht länger in
Hilmars Händen lassen wollte, am Ostermontage 1578 das Pfand, und blieb auch seinem Vorsätze treu, ohnerachtet
jener einen gütlichen Vergleich vorschlug, worin er sich verpflichtete, daß, wenn ihm Zeit Lebens, was nicht lange
mehr währen konnte, das Haus Reineberg gelassen würde, seine Erben nur den halben Pfandschilling
zurückzufordern befugt seyn sollten.
Hilmar verließ daher die ihm so werthe Burg, und der Bischof ließ
dieselbe am 24. April 1579 durch einen Notarius in Besitz und sowohl von den Gebäuden als den Aeckern ein Inventarium
aufnehmen. Es fand sich aber, daß Alles im höchsten Grade ruinirt und Alles, was niet- und nagelfest gewesen,
mitgenommen war; dadurch glaubte sich der Bischof berechtigt an dem deponirten Psandschilling Regreß zu nehmen.
Gegen
diese Maaßregel erlangte jedoch Hilmar von dem Kaiser Rudolph II. am 6. Aug. 1579 einen Schutzbrief; ließ von
demselben vidimirte Abschriften aller Orten umherschicken, und bewirkte so von mehreren Reichsfürsten theils harte,
theils freundliche Intercessionalschreiben, selbst eine kaiserliche Commission, die den Bischof Hermann zur Zahlung des
Pfandschillings und einiger anderer Gelder verurtheilte.
Zur Zahlung des Letztern war auch der Bischof erbötig und
leistete solche den 21. Juli 1580. Hilmar, damit jedoch nicht zufrieden, machte einen Prozeß beim kaiserlichen
Kammergerichte anhängig, richtete aber, da er bereits am 6. März 1581 mit Hinterlassung keiner Kinder und nur
zweier Schwestern starb, nichts aus, bis endlich 1602 die Vormundschaft seiner Erben durch Am nahme des Pfandschillings von
10,795 Goldgulden der Sache ein Ende machte.
Was die Bischöfe von Minden von der seit Jahr«hunderten üblichen
Sitte abzugehen bewog, zuverlässigen Vasallen als Drosten Schlösser zu verpfänden oder nach heutigem
Sprachgebrauch zu verpachten, eine Sitte, die man sehr irrig als ein Zeugniß für die Verschwendung der
Fürsten jener Zeit geltend gemacht hat, mochte entweder in der Besorgnis seinen Grund haben, daß Hilmar ihnen zu
mächtig werde, oder in dem Wunsche, durch Unterbeamte oder Amtmänner ihre Güter zu bewirthschaften; allein
schon am 2. Jan. 1590 sehen wir den Bischof Anton von Minden in der Person des Hilmar v. Münchhausen wieder einen
Drosten und Administrator des Amtes und Hauses Reineberg, auf I5 Jahre gegen jährliche 1000 Rthlr,, mit allen
Gerechtigkeiten, wie solche vormals Hilmar v. Quernheim besessen hatte, bestellen.
In dem Eingange dieser für die
Zeitgeschichte sehr interessanten Urkunde,sagt der Bischof, wie er nach dreijähriger Regierung bemerkt habe, daß
die Eingesessenen des Amtes Reineberg über die Verwaltung und Regierung während der Sedisvacanz und schon
früher vielfach wegen Verkürzung und Beeinträchtigung ihrer Rechte und Freiheiten geklagt haben; daß
sich ferner aus den Rechnungen des Amtes ergeben habe, wie seit seiner Regierung Haus und Amt jährlich ein gar Geringes
eintrage, so daß auch das Domkapitel mit der Nothwendigkeit einverstanden sey, auf andere Mittel zu denken; dies alles
habe ihn bewogen, sich mit einem vornehmen und vernünftigen Mann von Adel einzulassen, der das Drostenamt des Hauses
Reineberg getreulich verwalte, auf sein und seines Stiftes Hoch Ober und Gerechtigkeit fleißig Achtung gebe,
männiglich bei gleich und Rechten erhielte, die Einkünfte einsammelte und ihm jährlich davon ein Gewisses
überreichte, — und solche besondere Geschicklichkeit und andere adelige Tugend habe er an seinem Mindenschen und
Schaumburgischen Lehnmanne Hilmar v. Münchhausen wahrgenommen. — Wir erfahren aus dieser Zeit nur, daß 1597
zum Behuf von Reparaturen der Gebäude auf dem Schlosse ein Beitrag von den Ständen nachgesucht und auch genehmigt
worden ist.
In den Kriegsläufen des 17ten Jahrhunderts bleibt der Reineberg nicht unerwähnt. Im J. 1610 fiel der
Lieutenant Rabe v. Wrede von Bünde aus in das Amt Reineberg ein, nahm den Einwohnern ihre Büchsen und Gewehre weg
und forderte vom Amtmann 300 Rthlr. Ein Drost scheint damals dem Hause und Amte nicht vorgestanden zu haben, sonst würde
desselben wohl in dem Vergleiche gedacht worden seyn, den das Domkapitel in Betreff des Amtes Reineberg 1617 mit Cord Plato
v. Schlon gen. Gehlen wegen der Jurisdiktion des Hauses Hollwinkel schloß; auch beschwerten sich 1628 Ritterschaft,
Bürgermeister und Rath der Stadt Lübbeke, ohne eines Drosten zu erwähnen, über mancherlei Eingriffe
Seitens des Amtmanns zum Reineberge Georg Deichmann.
Der 30jährige Krieg, welcher kein Fleckchen Deutschlands
unberührt ließ, hat auch hier seine verheerenden Spuren aufgedrückt. Am 9. Sept. 1636 ließ der
kaiserliche Oberstwachtmeister Heister, der unter dem Oberbefehl des General Salis stand, die ganze Registratur auf dem
Reineberge verbrennen; 1638 wurde das Schloß von dem kaiserlichen Rittmeister Stade geplündert; 1648 hatte das
ganze Amt dasselbe Schicksal von dem Grafen v. Bruch zu bestehen, und im Jahre 1647 nahm die Wittwe des am 21. Jan.
verstorbenen schwedischen Commandanten von Minden, des Obersten Hinrichson, Alles vom Amthause mit sich fort.
Nachdem der
große Churfürst Friedrich Wilhelm das Fürstenthum Minden in Besitz genommen hatte, verglich er sich d. 1.
Febr. 1667 mit den Ständen dahin, daß diese die in Folge der Kriegsunruhen auf dem Amte Reineberg haftenden 25,V00
Rlhlr. Schulden zu zahlen sich bereit erklärten, wogegen der Churfürst ihnen unter andern bewilligte, daß
sofort 2 aus der Ritterschaft zu Drosten von Hausberge und vom Reineberge eingesetzt werden sollten; in Betracht aber,
daß die Domainen gerade sehr belastet seyen, wollten diese einstweilen nicht das volle Gehalt beziehen, sondern sich
mit 200 Rthlrn. jährlich begnügen. Diese Bedingung, daß Drosten aus der Ritterschaft ernannt werden sollten,
bezog sich wohl theils darauf, daß oft nur ein Amtmann dem Amte vorstand, theils aber darauf, daß auch
nichtadelige Drosten vorgekommen waren; denn so finden wir 1655 einen Johann Daniel Becker, der offenbar nicht dem
Ritterstande angehörte, Drost genannt.
Die noch von Alters her obwaltenden Differenzen zwischen den Aemtern Reineberg
und Limberg wurden am 6. Sept. 1672 durch die Mindenschen Regierungsräthe v. Ledebur und v. Danckelmann, und die
Ravensbergischen Räthe Meinders und Glandorff gütlich ausgeglichen.
Am 28. März 1673 nahmen Münstersche
Truppen die Stadt Lübbeke und das Schloß Reineberg ein; ließen auch bei ihrem Abzuge aus jener, Besatzung in
diesem zurück; aber der am 16. Juni zu Vossem abgeschlossen Friede säuberte das Land von dieser lästigen
Einquartierung.
Um diese Zeit hatte der Drost auf dem Reineberge auch seinen eigenen Hausprediger; dieser hieß Andreas
Büser.
Nachdem das Amt 1722 an Johann Rudolph Strubberg und dessen Sohn Gerhard Friedrich verpachtet worden, riß
man das Schloß 1723 völlig nieder und verwandte die Materialen zum Aufbau, theils des Mindenschen
Regierungsgebäudes, theils des heutigen Amthauses Reineberg, welches eine gute Viertelstunde südlich vom Gebirge
liegt.